Beim Inkassoauftrag geht es darum, offene Posten an einen spezialisierten Dienstleister im Forderungsmanagement zu übergeben. Die Fallübergabe ist dabei heute denkbar einfach und funktioniert sehr unkompliziert. Trotzdem halten sich mehrere hartnäckige Gerüchte zum Inkassoauftrag, mit denen wir in diesem Blogbeitrag einmal aufräumen möchten.

Der Inkassoauftrag darf erst nach 90 Tagen erteilt werden

Dieses Gerücht ist kompletter Unsinn! In Wahrheit können offene Posten an einen Dienstleister im Inkasso übergeben werden, sobald sie in Verzug sind. Das führt unweigerlich zu der Frage, wann solche Forderungen überhaupt in Verzug geraten.

Wie so oft gibt es darauf eine leichte und eine komplexe Antwort. Die leichte Antwort lautet: Eine Forderung (gegen einen Verbraucher) ist nach spätestens 30 Tagen automatisch im (gesetzlichen) Verzug. Für die komplexe Antwort kann man sich den Blick auf den einschlägigen §286 BGB leider nicht ersparen. Hier heißt es:

[…] Der Mahnung bedarf es nicht, wenn […] für die Leistung (= die Bezahlung) eine Zeit nach dem Kalender bestimmt wurde […]

und weiter

Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist.

Für Normalsterbliche bedeutet das folgendes:

  1. Eine Forderung ist in Verzug, wenn Gläubiger in der Rechnung auf ein fixes Kalenderdatum für den Zahlungseingang hinweisen, das bspw. 14 Tage in der Zukunft (gerechnet ab dem Rechnungsversand) liegen kann
  2. Der gesetzliche Verzug tritt nur dann ein, wenn in einer Rechnung explizit darauf hingewiesen wurde.

Für die Praxis bedeutet das, dass ein zusätzlicher Hinweis auf die Verzugsthematik auf der Rechnung lohnend ist. Ein solcher könnte bspw. wie folgt aussehen:

Überweisen Sie den Betrag bitte bis zum xx.xx.xxxx auf das unten genannte Konto. Wir weisen Sie darauf hin, dass Sie sich ab dem xx.xx.xxxx (+1 Tag) in Verzug befinden. Die Verzugszinsen belaufen sich auf 5% über dem Basiszinssatz, wenn Sie als privater Verbraucher bei uns bestellt haben. Sind Sie Unternehmer, beträgt der Zinssatz 9 % über dem Basiszinssatz gemäß §288 Abs. 1 und 2 BGB.

Mit anderen Worten: Sind sich Schuldner darüber im Klaren, dass und ab wann sie in Verzug sind, lassen sich offene Posten sofort an ein Inkassobüro übergeben, sobald dieser Verzug eingetreten ist.

In diesem Zuge lässt sich mit einem zweiten Gerücht aufräumen, da sich beharrlich hält, nämlich der angeblich zwingend erforderlichen betrieblichen Mahnung. Rechtlich braucht es diese nämlich nicht! Ob es dagegen sinnvoll ist treue Kunden zunächst per Zahlungserinnerung auf den Zahlungsverzug hinzuweisen, bevor solche Posten zur Beitreibung vergeben werden, steht auf einem anderen Blatt.

Das Gerücht um die 90 Tage Forderungsalter entstammt übrigens der Verwechslung zwischen Inkasso, Factoring und Forderungskauf. Darauf kommen wir aber noch später in diesem Blog zu sprechen!

Mit dem Inkassoauftrag fallen enorme Kosten an

Richtig ist, dass Inkasso nicht kostenlos ist. Jedoch funktioniert Inkasso oft kostenneutral. Das ist ein wesentlicher Unterschied, denn die Kosten, die im Rahmen der Realisierungsarbeit anfallen, stellen einen sog. Verzugsschaden dar, der zulasten der Schuldnerseite geht.

Für die Abrechnungspraxis im Inkasso bedeutet das, dass die Kosten, die theoretisch vom Auftraggeber (dem Gläubiger) für die Dienstleistung der Beitreibung zu tragen wären, direkt beim Schuldner geltend gemacht werden, der sie ohnehin zu tragen hat. Man spart sich also ein komplexes zweites Rechnungslegungsverfahren, das ggf. ein erneutes außergerichtliches Inkasso nach sich ziehen würde, indem man die beiden Rechnungsläufe einfach bündelt.

An dem Gerücht ist also nichts dran! Denn im Erfolgsfall fallen bei den meisten seriösen Inkassodienstleistern mit fairen Konditionen gar keine zusätzlichen Kosten mehr an!

Mit dem Inkassoauftrag gebe ich meine Rechte komplett ab!

Hier kommen wir auf den angeteaserten Unterschied zwischen Inkasso, Forderungskauf und Factoring zu sprechen. Wichtig: Im klassischen Inkasso geben Gläubiger überhaupt keine Recht ab! Sie bleiben ständig im Besitz aller Rechte an ihrer Forderung und erteilen lediglich einen Auftrag zur Realisierung! Ein Garten geht ja auch nicht in den Besitz des Gärtners über, wenn dieser den Rasen mäht.

Anders ist das jedoch in der Tat im Factoring bzw. im Forderungskauf. Im Factoring geben (potenzielle) Gläubiger nämlich einen festen Prozentsatz an ihrem gesamten Umsatz an eine Factoringfirma ab, die dafür eine fristgerechte Bezahlung garantiert. Die Nennwerte der einzelnen Posten macht der Factor dann beim eigentlichen Kunden des Gläubigers geltend. Im Forderungskauf gilt dann tatsächlich die berüchtigte 90-Tage-Frist, denn es geht um sog. notleidende Forderungen. Forderungskäufer erwerben solche Posten dann als Bündel mit einem erheblichen Abschlag. Dann gegen die Rechte an solchen Forderungen aber in der Tat an den Käufer über, der sie auf eigene Faust geltend macht!

Hierin besteht ein gravierender Unterschied zu klassischen Forderungsmanagement im Inkasso.

Durch den Inkassoauftrag verkaufe ich meine Forderung unter Wert!

Dem aufmerksamen Leser ist sicherlich nicht entgangen, dass dieses Gerücht im Grunde bereits ausgeräumt ist: Im Inkasso behalten Forderungen ihren Nennwert, der Gläubigern im Erfolgsfall auch zu 100% ausbezahlt wird. Allein im Factoring und im Forderungskauf müssen Gläubiger einen Abschlag auf den eigentlichen Forderungswert in Kauf nehmen!

Dabei liegen solche Anteile im Factoring in der Regel bei ca. fünf bis sieben Prozent. Im Forderungskauf geht es hingegen um ganz erhebliche Abschläge, weil die Rahmendaten der Forderung (Alter, Höhe, Datenlage, usw.) einen massiven Einfluss auf den Kaufpreis nehmen. Abschläge bis 90% sind keine Seltenheit!

Wer seine Forderungen behalten will, ohne etwas abzugeben, ist im klassischen Inkasso richtig!

Ausbuchen ist billiger, als ein Inkassoauftrag

Speziell im Handel ist dieses Gerücht leider häufige Praxis: Buchhaltung und Nachverfolgung zahlungsgestörter Forderungen verursachen einen gewissen Aufwand, der die Sache dann angeblich nicht wert ist. Speziell im Onlinehandel wurden in der Vergangenheit unbezahlte Warenkörbe unter 45 EUR oft als „Lehrgeld“ verbucht.

Das hat sich inzwischen jedoch massiv geändert: Schnelle Lösungen für die effiziente Übergabe auch mehrerer Forderungen zugleich machen es lukrativ, auch kleinere Beträge nachzuverfolgen. Zudem gibt eine Erfolgsquote von mehr als 50% in der vorgerichtlichen Bearbeitung der konsequenten Fallübergabe Recht.

Hinzu kommt die Signalwirkung in den Markt: Werden auch kleine Beträge übergeben und in die Nachverfolgung vermittelt, zeigt das Schuldnern, dass es sich eben nicht lohnt, Bestellungen nicht zu bezahlen!

Und das ist die zentrale Aufgabe in Forderungsmanagement: Offene Posten einholen und Zahlungsstörungen nach Möglichkeit gar nicht erst entstehen lassen!

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